Home [IDEE]   [TOUR]  [PERSONEN]   [LINKS]  
Test
 
Route der Nordrhein-Westfalen-Tour

9. Etappe      050807,   130 km

Warburg - Brilon - Büren - Paderborn

Zwei Wochen später ging's weiter. Ich hatte den kuchenbackenden Freund aus Marburg zu einem Ausflug nach Warburg überreden können, so fuhr ich nur einen Teil der Strecke alleine Bahn. In Warburg angekommen wartete ich noch die (planmäßige) Abfahrt seines Zuges zurück ab und handelte mir damit schon vierzig Minuten Verspätung in meinem Plan ein. Diese vergrößerte sich dann - inclusive Knipsrunde Warburg; Hauptstraße, Altstädter Pfarrkirche Warburg; am Puhlplatz Warburg; Haus Böttrich Warburg; Marktbrunnen - auch noch auf eine ganze Stunde, weil ich zweieinhalb Kilometer brauchte, um zu merken, dass einer meiner Schuhe, die ich wegen des Barfußwetters an die Packtaschen gebunden hatte, nicht mehr da war. Wenigstens waren bis dahin noch keine nennenswerten Höhenmeter angefallen, und den Schuh hat auch keiner mitgenommen.
Da es leider keinen Radweg direkt an der Diemel entlang gab, schlug ich einen Bogen im Norden nach Scherfede (zwischen Nörde und Rimbeck konnte ich dann mal nicht widerstehen, für ein paar Kilometer das "barfuß" bis zum Scheitel auszudehen). Dahinter bog ich dann in den Rimbecker Wald ab, einen kleinen Weg an einem Wisentgehege entlang, in dem ich aber keine Wisente erblicken konnte. Statt dann am Schwarzbach hochzufahren, nahm ich - wegen eines 20-Kilometer-Punkts etwas weiter im Norden die Landstraße. Das brachte ein paar Extra-Steigungen mit sich, aber wenigstens war die Straße ordentlich und auch wenig befahren. Buchen zur Linken, Fichten zur Rechten, schlängelte sie sich gen Westen. Nach Blankenrode ging es ein wenig hinab, dann bis hinter der A 44 (dass diese erst so kurz vorher zu hören war, wunderte mich nicht mehr, als ich sie auf einer ziemlich hohen Brücke überquerte) wieder ein bisschen hoch. Nun war ich auf der Hochfläche Sindfeld - überall Windräder bei Meerhof; Verspargelung!
Hinter Essentho verließ ich sie und fuhr hinab nach Marsberg Marsberg; Bilsteinturm Marsberg; kath. Stiftskirche St. Petrus und Paulus, wieder an die Diemel. Von hier ging es dann mehr oder minder die Diemal und dann die Hoppecke entlang, erst auf kleinen Wegen mit teilweise unangenehmen Steigungen, dann auf der B 7. In Bredelar verließ ich diese und verließ sie doch nicht, denn es ging auf ihrer alten Trasse, wo ich begann, die Müdigkeit der vorangegangenen Nacht von nur vier Stunden zu spüren, weiter; zu beiden Seiten gesäumt von grünen Hügeln und Bergen. Einen davon musste ich noch überwinden (wobei mir eine Speiche brach - natürlich hinten und natürlich auf der Ritzelseite), dann kam ich noch zwanzig Minuten vor der Zeit in Brilon (sprich: Brielonn) an, verschnaufte ein wenig Brilon; kath. Propsteikirche St. Petrus und Andreas Brilon; Derker Tor Brilon; Markt, restaurierte Fachwerkhäuser, ev. Stadtkirche Brilon; Rathaus und fasste den Entschluss, heute noch nach Paderborn weiterzufahren statt nur bis Büren.
Dies tat ich denn auch bald, erst übers flache Land, dann über den Buckel, auf dem Nehden (ein weiterer 20-Kilometer-Punkt) liegt, und dann herab und immer an der Alme entlang, in die ich auch noch mal schnell hineinstieg bei Harth; Waschplatz (Alme), Ingo, als sie endlich mal unzugewuchert nahe genug an die Straße kam. Da war echt mehr Wald denn Straße zu sehen, auf dieser Strecke.
In Büren hielt ich ob der nahenden Dunkelheit nur kurz an Büren; Markt Büren; Jesuitenkirche Büren; Kump, Nikolauskirche und plante die Route nach Paderborn ein bisschen um. Statt über diverse Hügel zu gurken, nahm ich doch lieber den Almeradweg, der über Brenken Büren-Brenken; Ruine am Baakweg und Wewlsburg Büren-Wewelsburg; Wewelsburg in geradezu abenteuerlicher Kurverei und über Hügel und unter Brücken nach Borchen führte, wo irgendwie die Beschilderung nicht zu stimmen schien, weshalb ich dann die normale Straße über Wewer wählte. Zwischendurch kreuzt der Almeradweg immwer wieder eine Bahntrasse, die dermaßen stillgelegt ist, dass man teilweise vor Zugewucher gar keine Gleise mehr sieht ... vielleicht sollte man das einfach mal mit Asphalt verehen und den Radfahrern ein Weniger an Auf und Nieder gönnen ...
Eine halbe Stunde nachdem es so dunkel geworden war, dass ich das Licht anmachen musste, erreichte ich Paderborn und wurde direkt mit einem Feuerwerk empfangen. Dieses war der Schlusspunkt zur Libori, der Paderborner Kirmes, die mitten in der Stadt stattfindet. Nach einem Happenpappen beim Mackes suchte ich auf dem Stadtplan am Wegesrand ganz gezielt nach einer Schule, und die, die sich fand, eignete sich wunderbar als Schlafplatz Paderborn; Schlafplatz (Reismann-Gymnasium). Zwar war der Schulhof beleuchtet, doch der vor Blicken von Straße und Hausmeisterwohnung geschützte Teil lag so weit im Halbschatten, dass es sogar mir mit meinem eingebauten Restlichtverstärker Mühe bereitete zu lesen.
Ich schlief recht bald ein und auch ziemlich gut, wachte aber zwei-, dreimal auf.

10. Etappe      060807,   136 km

Paderborn - Emsquelle (Kr. Warendorf) - Lippstadt - Soest - Arnsberg - Meschede

Um sechs war an Wiedereinschlafen nicht mehr zu denken. Ich drielte noch ein halbes Stündchen rum, verkleinerte die aus der gebrochenen Speiche resultierende Acht, so gut es ging, packte zusammen und zog los, Fotomotive und eine Bäckerei zu finden. Gelang beides :-) Paderborn; Dom, Skulptur "Wellness Scull" von Joep van Lieshout, Dielenpaderquelle Paderborn; Abdinghofkirche, Diözesanmuseum Paderborn; Liboriusbrunnen Paderborn; Marienplatz Paderborn; Gymnasium Theodorianum Paderborn; Rathaus.
Nachdem ich mich noch sonnengecremt und kontaktgelinst hatte, ging's los, schön an der Pader, Deutschlands kürzestem Fluss, der in fünf Quelltöpfen mit reichlich Wasser losfließt. Unterwegs hatten Baumpfleger den Weg ganz toll blockiert, erst mit Fahrzeugen, später mit Absperrband; und mit einem der Mit-Leidtragenden kam ich in ein kurzes Gespräch, bevor er recht bald in eine andere Richtung abbog.
Ich folgte dem Radweg noch bis Schloss Neuhaus Paderborn; Schloss Neuhaus, in dem eine Realschule untergebracht ist - DAS ist mal ein Pausenhof! Ich wunderte mich ein wenig, dass vor Ferienende schon Schüler mit Bücherstapeln da rumliefen, aber dachte nicht weiter drüber nach. Nun fuhr ich weiter nach Sennelager und dann durchs Truppenübungsgebiet. Komisches Gefühl, irgendwie, wenn man nicht von der Straße darf, weil links und rechts Militärischer Sicherheitsbereich ist. Und ich finde es jedes Mal aufs Neue ungerecht gegenüber denen, die früher dort gewohnt haben, ein solches Areal dem Militär zum Fraß vorzuwerfen.
Nach einiger Zeit verließ ich die Panzerstraße oder besser die dieser parallel verlaufende, machte ienen Schlenker und kam bald dort an, wo man zur Emsquelle bei Hövelhof; Schild zur Emsquelle abbiegt. Aus dem Boden des Sicherheitsbereiches sickert die Ems hier aus zwei kleinen Löchern bei Hövelhof; Emsquelle bei Hövelhof; Emsquelle. Irgendwie unspektakulär. Aber das haben Quellen wahrscheinlich so an sich. Hier geht auch der Emsradweg los, dem ich nach einer netten Rast die ersten zwei Kilometer folgte. Die ersten Kilometer der Ems sollten die letzten sein, die ich auf dieser Tour mit ihr verbrachte.
Nun fuhr ich über Hövelhof und Delbrück eine ziemlich gerade und relativ wenig interessante Strecke geradewegs bis kurz vor Lippstadt. Hier machte eine kleine Ungenauigkeit in der Karte einen kleinen Umweg nötig, aber da ich hinter der Emsquelle ein Stück abgeschnitten hatte, fiel der nicht so ins Gewicht. Ich war ziemlich müde und verbrachte nach der Fotorunde Lippstadt; Heimatmuseum Lippstadt; Altes Brauhaus Lippstadt; ev. Große Marienkirche Lippstadt; Markt, Rathaus meine Pause damit, den Bericht vom Vortag zu verfassen. Als ich dann aus dem Schatten der 1863 gepflanzten Friedenseiche hinter der Kirche am Markt kam, war ich etwas verwundert, wie viel wärmer es geworden war.
Aufgrund dessen stellte ich kurz hinter Lippstadt um auf Minimalbekleidung. Derlei wenig beschürzt fuhr ich frohen Mutes Benninghausen, Lohe und Weslarn ab und erreichte nach einigen sanften Bördehügeln Soest. Dort meinte mein Fotoapparat ein bisschen herumzuspinnen und mitten im Film einfach mal zurückzuspulen; und ich hatte ein wenig Mühe, den Markt zu finden. Aber schließlich gelang mir das Soest; Brauerei Christ Soest; ev. St. Maria zur Wiese Soest; Brüderstraße Soest; Der Mönchshof Soest; Rathaus, kath. St.-Patrokli-Dom, und ich legte mich zwecks Augenpflege ein wenig hin. Alldieweil versuchte in der Nähe ein Vater, seinen Sohn Tristan dazu zu bewegen, in die richtige Richtung zu laufen. Als ich mal guckte, war ich überrascht zu sehen, dass es sich bei dem Vater um einen langhaarigen Bombenleger handelte. Als ich allmählich weiter wollte, fiel mir erst das Stadtmodell Soest; Stadtmodell auf, das direkt neben mir stand. Ein blindes Mädchen las seinen Verwandten vor, was es dort in Braille zu lesen gab.
Weiter ging es Richtung Süden, immer noch bei Tangawetter. Von weitem hatte der Nordrand des Sauerlandes recht harmlos ausgesehen, nun würde ich also erfahren, wie es sich verhielt. Die Straße zog und zog sich dahin; und als ich mich umblickte, wusste ich, wieso: Ich war schon ganz schön weit oben bei Wippinger Heide; Blick gen Norden. Ganz oben überquerte ich die B 516, dann ging es wieder ein bisschen runter. Während ich mir noch Gedanken machte, wie sehr es zur Möhnetalsperre wieder hoch gehen würde und mich schon auf ein kleines Bad im See freute, kam an der Kreuzung unten noch etwas dazwischen. Einem Motorradfahrer war eine Wespe oder so in den Helm geraten, und als er sie fortschlagen wollte, hat er die Kontrolle über sein Krad verloren und sich hingelegt. Ein Autofahrer, der schon Polizei und Krankenwagen gerufen hatte, bat mich, ihm zu helfen, die Maschine und auch den Fahrer, der aufgrund glücklicherweise geringen Tempos zwar nur Schmerzen in der Schulter und ein kleines Loch in der Hose hatte, aber sehr benommen war, von der Fahrbahn zu schaffen, zumal es sich an dieser Stelle auch noch um eine Kurve handelte. Dies tat ich. Ein Krankenwagen kam zufällig vorbei, war aber schon belegt. Doch die Notärztin kümmerte sich um den Motorradfahrer, bis die Polizei kam, und kurz darauf war auch der gerufene Krankenwagen da.
Ich wurde nun nicht mehr gebraucht und fuhr meines Weges. Es war nur noch eine kurze Steigung bis zur Dammkrone des Möhnesees Möhnetalsperre Möhnetalsperre, Möhnesee, die ich überquerte. Dummerweise wurde es mit dem Schwimmengehen nichts - der vordere Bereich des Westufers ist zum Baden nicht geeignet, der hintere Naturschutzgebiet.
Am Südwestzipfel bog ich ab gen Bruchhausen; freundlicherweise stand hier ein Wegweiser. Dennoch erschien mir der Weg, eine ziemlich rubbelige Piste, sehr einsam, so dass ich es wagte, die nächsten fünfeinhalb Kilometer im Adamskostüm zu machen. Was die drei Leute, die ich antraf, nicht gestört zu haben schien. Die Steigung war harmloser als gedacht, die Abfahrt hingegen mühsam wegen der schlechten Wegbeschaffenheit; und da war ich dann mit dem Unterqueren der A 46 auch schon wieder in der Zivilisation angekommen. Um das Stadtschild nicht zu verpassen, nahm ich keine Waldwege, die es längs des Waldrandes gewiss gegeben haben dürfte, sondern die Hauptstraße. Laut eines genaueren Blicks auf die Karte handelte es sich hierbei um gleich zwei Bundesstraßen, doch später in neueres Kartenwerk schauend stellte ich fest, dass der Abschnitt bis zur Anschlussstelle Arnsberg-Altstadt herabgestuft worden war und die Bundesstraße nun über die zwischenzeitlich fertiggestellte Autobahn geleitet wurde.
Und dann kam Arnsberg Arnsberg; Limpsturm Arnsberg; Steinwall, ev. Auferstehungskirche Arnsberg; Altes Rathaus, Alter Markt, Glockenturm, kath. Stadtkapelle St. Georg Arnsberg; Seniorenwohnpark Arnsberg; Kreuzbergkapelle Arnsberg; Ensemble, hübsch in einer Ruhrschleife gelegen. Hier frischte ich meine Getränkevorräte auf und ließ es mir dann mit einem Fertigsalat gut gehen. Praktischerweise war der Supermarkt, von dem ich mir den holen wollte, nicht weit vom Zentrum entfernt. Ein bisschen später bemerkte ich, dass dort, wo in der nächsten Zeit "hinter mir" sein würde, dunkle Wolken aufzogen Arnsberg; das Wetter und machte mich eilig auf den Weg.
Statt der alten Trasse der B 7 unten an dern Ruhr entlang nachm ich den ausgeschilderten Radweg übern Berg, um dann ab Rumbeck recht flussnah und steigungsarm nach Freienohl zu kommen. Bis Wennemen ging's dann noch mal über die alte B 7, dann 'nen Berg hoch, dann wieder runter, und dann kam der Abzweig nach Calle - ein 20-Kilometer-Punkt. Die Berge zu meiner Seite betrachtend fürchtete ich eine böse Auffahrt, aber letztenendes war es dann doch halb so wild. Hinauf ging es in verhältnismäßig gutem Tempo, und bei der Abfahrt schaffte ich beinahe 70 Sachen!
Nun war es nicht mehr weit bis Meschede Meschede; kath. St.-Walburga-Kirche, wo ich direkt Ausschau hielt nach einem Schlafplatz. Und eine Stelle in der Ruhr entdeckte, die mir zum Waschen gut geeignet schien Meschede; Waschplatz (Ruhr). Diese Zusatzfunktion der hiesigen Brücken war denn aber auch die einzige, die ich mir zunutze machen konnte - zum Schlafen waren sie ungeeignet. So nahm ich wieder einmal eine Schule. Auf den ersten Blick sah es so aus, als gäbe es an dieser keine brauchbaren Vordächer, doch auf den zweiten fand ich ein supertolles Meschede; Schlafplatz nah (St.-Walburga-Realschule) Meschede; Schlafplatz fern. Ich schrieb noch ein bisschen Bericht, und gegen halb zwölf ging ich schlafen - und schlafen tat ich sogar ziemlich gut.

11. Etappe      070807,   117 km

Meschede - Bad Berleburg - Siegen

Gut nur, dass ich den Wecker auf halb sieben gestellt hatte und nur einmal auf den Schlummerknopf gedrückt habe. Denn kaum hatte ich was angezogen und war gerade dabei, den Schlafsack zu verstauen, kam der Hausmeister auf seiner Aufschließrunde vorbei. Ich hatte von Paderborn aus extra noch mal bei meinem Telefonjoker nachgefragt, bis wann die Ferien gingen, und irgendwoher hatte Carlo die Information "08.08." genommen. Doch nein, es war der 06.08. gewesen, und die Schüler gestern in Paderborn im Schloss hatten gerade ihren ersten Schultag gehabt.
Immerhin, ich hatte mein Lager genau vor den Klos aufgeschlagen, und so konnte ich ungeachtet der Schüler, die inzwischen schon Schulhof und -haus zu bevölkern begannen, schnell mal eben die Linsen einsetzen. Sonnenschutz schien mir an diesem grauen Morgen allerdings indes lässlich. Am Bahnhof frühstückte ich, guckte noch mal kurz in die Stadt, ob ich nicht doch noch etwas Sehenswertes entdecken könnte, und machte mich nach weitgehend negativem Ergebnis Meschede; Skulptur "Stelzenläufer" von Jürgen Suberg Meschede; Friedenskirche auf die Socken, den Ruhrtalradweg entlang flussaufwärts. Zwischendurch fragte mich ab und zu, ob diejenigen, die solche Wege empfehlen, diese jemals selber gefahren sind mit Tourgepäck. Nur, um Hauptstraßen auch ja zu umgehen, werden oft solche Umwege ausgeschildert! Dann womöglich noch auf schlechten Wegen. Mit unnötigen Steigungen ...
Wenigstens landschaftlich reizvoll war die Strecke bis Bestwig, auch wenn das Wetter einen das nicht ganz so sehr mehrken ließ. In Ostwig bog ich ab ins Elpetal, wo die Straße langsam, aber sicher nach Elpe führte, von wo ich über eine Kuppe nach Siedlinghausen hinüberfuhr und dann dem Lamelote-Bach nach Winterberg folgte, das Ganze bei mal mehr mal weniger Nieselregen; erst auf der Straße, dann auf einem Feldweg, der zum Schluss noch mal ganz schön hochging, am Ultraleichtfliegerplatz vorbei nach Winterberg hinein.
An diesem 20-Kilometer-Punkt verschnaufte ich ein bisschen auf dem Marktplatz Winterberg; Hotel Leisse, wechselte mein zum Auswringen nassgeschwitztes Hemd und wunderte mich auf der Weiterfahrt über die vielen niederländischen Autos, die hier an der Straße standen. Dann erhaschte ich noch einen Blick auf die olympische Skisprungschanze Winterberg; St.-Georg-Schanze und stieg weiter gemach hoch zum Kahlen Asten bei Winterberg; Kahler Asten, dem entgegen weit verbreiteter Meinung nur dritthöchsten Berg im Rothaargebirge (allerdings beläuft sich mit 841,9 Metern der Abstand zu den beiden Spitzenreitern Hegekopf und Langenberg nur auf 1,0 bzw. 1,3 Meter) und umfuhr ihn dann auf der Bundesstraße. Warum er übrigens K.A. heißt - k.A., kahl erscheint er jedenfalls nicht wirklich.
Ich befand mich jetzt auf zweieinhalb Bundesstraßen, aber den Abstieg von Neuastenberg, um fünf Kilometer weiter wieder hochzufahren, hatte ich noch vorher spontan umgeplant, und von oben auf der Bundesstraße, die sich mit wenig Höhenunterschied am Hang entlanghangelt, sah ich, dass diese Entscheidung nicht die schlechteste war. Das Tal war echt tief, und der Wiederaufstieg wäre eine ziemliche Plackerei geworden. Vielleicht ist auch noch erwähnenswert, dass an der letzten Kreuzung direkt am Kahlen Asten ein Schild gestanden hatte, dass die B 236 weiter hinten gesperrt sei - von daher war's verkehrstechnisch auch angenehm ruhig. In Hoheleye, dort, wo ich eigentlich wieder hochgekrochen gekommen wäre, war dann die Straße "frei bis Baustelle" gesperrt. Unbeirrt fuhr ich weiter, auf den Umstand vertrauend, dass man als Radler in der Regel doch irgendwie durchkommt. Ein bisschen gespenstisch war es schon, eine solche Straße ganz für sich alleine zu haben ...
An der nächsten Kreuzung, wo sich die B 236 wieder von der B 480 trennte, hätte ich an und für sich letztere noch für 500 Meter benutzen wollen, doch dort waren gerade Bauarbeiten zugange. Aber ich hätte dann ohnehin einen Waldweg nehmen wollen, der gewiss auf den treffen würde, der direkt an der Kreuzung in den Wald führte - den Grenzweg. Er markiert die Grenze zwischen den Kreisen Siegen-Wittgenstein und dem Hochsauerlandkreis, davor zwischen Wittgenstein und Meschede, davor zwischen diversen Bistümern und derlei mehr, davor zwischen Stämmen und Glaubensgemeinschaften. Hätte ich jetzt eine Pinkelpause nötig gehabt, hätte ich obendrein wählen können, ob ich mein Bächlein der Weser (links des Weges) oder dem Rhein (dann wohl rechts des Weges) zuführe. Ein wenig später (und mit nicht nur dem Kopf in den tief hängenden Wolken) zweigte mein Weg nach Kühhude ab, und dieser führte, wie ich dem Wanderwegschild entnahm, auch zu einer Skulptur namens "Kein leichtes Spiel". Treffender hätte man den Beginn dieses Weges nicht benennen können. Der eigentliche Weg war ein einziges Schlammloch, der Trampelpfad daneben von offenliegenden Baumwurzeln durchzogen. Aber nach ein paar hundert Metern ging's auch wieder - auf dass sich das Spiel an der nächsten Kreuzung wiederholen möge. Doch auch hier dauerte es nicht so lange. Die Skulptur befand ich nicht wert, den Fotoapparat dafür herauszuholen, so strebte ich weiter dem Scheitelpunkt des Weges - nun in greifbare Nähe gerückt - zu. Dann ging es nach Kühhude hinunter und von dort endlich wieder auf einer asphaltierten Straße noch viel viel weiter. Leider war die Straße etwas löchrig, so dass ich mich nicht schneller als 40, 50 km/h zu fahren getraute. Aber die hatte ich durchaus ein paar Kilometer am Stück drauf, und nach einem kleinen Buckel zwischendurch noch ein paar weitere. Und dann kam schon Bad Berleburg.
Genau mit mir kam dort auch der Regen an. Mit dem Regencape auf schlug ich mich noch durch bis ins Zentrum (oder das, was ich dafür hielt). Mit bezauberndem Blick auf den Goetheplatz inclusive Bismarcksäule Bad Berleburg; Goetheplatz, Wilhelm-I.-Denkmal und die Schlossstraße Bad Berleburg; Schlossstraße, verharrte ich in einem Torweg des Schlosses Bad Berleburg; Schloss, wartend, dass der Regen aufhören möge. Dies tat er allerdings nicht. Ich hatte weder Lust, die Tour hier zu unterbrechen, insbesondere da Siegen, die nächste Stadt, von Frankfurt aus ungleich besser zu erreichen war, noch war ich übermäßig geneigt, die nächsten 55 Kilometer im Regen zu verbringen. Aber da ich ja von Siegen wohl schnell einen Zug bekommen und insgesamt nicht so lange nach Hause brauchen würde, nahem ich die Flucht nach vorn.
Mit dem Regencape an machte ich mich los, fand sogar direkt auf den richtigen Weg hinterm Schloss (hier war im nächsten Tal ein 20-Kilometer-Punkt zu absolvieren), und kam trifteab- und altmühlbachaufwärts recht gut voran bei nicht allzu heftigem Regen. Der Aufstieg zur B 62 (Eine echt doofe, ich bin sie mal von Siegen nach Marburg mit dem Auto gefahren, um mit den 30 Kilometern, die man auf der Autobahn über Gießen Umweg hätte, Zeit zu sparen. Hätte ich auch gut bleiben lassen können. Und von Alsfeld nach Marburg ist sie auch voll doof.) war zwar echt heftig, dafür die Fahrt ins nächste Tal wieder ganz lässig. Noch über eine kleine Erhebung, und ich stand vor dem Tal der jungen Lahn bei Feudingen; Lahntal, das ich jetzt hochzufahren gedachte. Im vorderen Teil war die Straße noch ziemlich befahren, dann bog sie ab, und es wurde ruhiger. Die letzten drei Kilometer ging es dann wieder üebr rumpelig-pumpeligen Waldweg, und den letzten halben kämpfte ich mal wieder schiebenderweise mit der Schwerkraft. Doch jeder Berg hat mal ein Ende, ich musste noch einmal über eine Kuppe, als ich an der Straße oben angekommen war, und dann konnte ich mir die Lahnquelle Lahnhof; Lahnquelle angucken.
Gerade war ich wieder über die Kuppe zurück, da fing es wieder an zu regnen. Mich noch auf einer schmalen Straße im Wald befindend, merkte ich das nicht so sehr, doch als ich in Hainchen auf größere Straßen stieß, um so mehr. Schön war das nicht, und so ging der weitere Weg über Rudersdorf die Hauptstraße entlang ziemlich spurlos an mir vorüber. Also, von den Eindrücken her. Physisch blieben selbstverständlich Spuren in Form nasser Klamotten, insbesondere Schuhen. Ab Niederdielfen ließ ich mich wieder von den roten Schildern leiten, verpasste damit das Stadtschild, hielt noch mal an einem Supermarkt, fuhr einmal um die Innenstadt herum, hinein Siegen; Ensemble, kath. Marienkirche, ev. Nikolaikirche Siegen; ev. Martinikirche Siegen; Unteres Schloss, Dicker Turm, wieder heraus, über die Siegplatte Siegen; Siegplatte (besondere städtebauliche Scheußlichkeit, die durchaus im gerade stattfindenden Stadtratswahlkampf thematisiert wurde) und zum Bahnhof. Da würde bestimmt bald ein Zug fahren.
Dumm nur, dass ich den 18-Uhr-54-Zug von Aachen nach Gießen um nur ein paar Minuten verpasst hatte und der 19-Uhr-54 hier endete. So musste ich also doch fast zwei Stunden hier abhängen. Aber schließlich und endlich kam ich doch zu Hause an und konnte endlich eine schöne warme Dusche nehmen.


Seite zurück   Seite vor
zurück   weiter